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Sei arm, gehorsam und keusch!


Keuschheit (keusch aus lateinisch conscius, ‚bewusst‘),
lateinisch castitas ist ein ethisches Konzept der Mäßigung
im Umgang mit Sexualität, zumeist aus religiösen Gründen.
Oft wird unter Keuschheit lediglich sexuelle Abstinenz
oder Enthaltsamkeit verstanden; das Ideal der gewollten
und bewussten Keuschheit ist allerdings weitreichender:
Keuschheit bezeichnet das Verhalten einer Person, sich
auf Grund eines erworbenen Schamgefühls oder kraft eines
bewussten Grundsatzes schamhaft zu verhalten und
das Unschamhafte und Verstöße gegen die Sittlichkeit zu
meiden. In vielen Kulturen spielt die Aufforderung zur
Keuschheit als religiöses Gebot eine Rolle (siehe auch
Tabu). Dieses Verständnis von Keuschheit als allgemeine
Mäßigung, die nicht auf sexuelles Verhalten alleine
beschränkt ist, lässt sich auch an der Entwicklung
des Wortes „keusch“ im Deutschen beobachten. Noch
im Mittelhochdeutschen bedeutete „kiusche“ sittsam oder
bewusst. Erst zum Neuhochdeutschen hin verengte sich
die Bedeutung hin zur sexuellen Enthaltsamkeit.[1]
In der christlichen Ikonografie werden den sieben
Todsünden oftmals die sieben himmlischen Tugenden gegenübergestellt;
dabei ist die Keuschheit als Tugend Gegenpart
der Wollust (lateinisch luxuria). Diese Zuordnung
findet sich bereits in der Psychomachia. Auch in
der mittelalterlichen Theologie und dementsprechend in
der europäischen Kunstgeschichte bildet die Unkeuschheit
oder Lüsternheit das Gegenstück zur Keuschheit und
stellt eines der zentralen sieben Laster dar, aus denen
Sünden entstehen und die daher auch „Wurzelsünden“ genannt
werden.
In der christlichen Ikonografie ist die Lilie ein Symbol der
jungfräulichen Reinheit.
1 Keuschheit in den Religionen

1.1 Christentum
In der Geschichte des Christentums gilt die Keuschheit
als erworbene, sittliche Tugend des Menschen.[2][3]
Thomas von Aquin hat diesen theologischen Sachverhalt
unter dem Thema der „eingegossenen Tugenden“
erörtert.[4] Martin Luther bezeichnet die Keuschheit als
die Haupttugend des Evangeliums.[5]
Das Christentum versteht unter Keuschheit die Bewahrung
der Augen, Ohren und Gedanken vor Dingen, die
die natürliche oder erworbene Schamhaftigkeit verletzen.
Dazu gehören auch der bewusste Verzicht auf sexuelle
Handlungen bei unverheirateten Personen und beim
Ehepaar der Verzicht auf sexuelle Handlungen außerhalb
der Ehe. Die Keuschheit wird als christliche Tugend
und moralische Anforderung aus dem 6. Gebot (Du sollst
nicht ehebrechen) und den Worten des Apostels Paulus
1
2 3 LITERATUR
abgeleitet, der den Leib als einen Tempel des Heiligen
Geistes bezeichnet. Die Keuschheit ist auch eine Frucht
des Heiligen Geistes (Gal 5, 22). Die Tugend der Keuschheit
wird dabei auch von der Kardinaltugend der Mäßigung
abgeleitet.[6]
Die christliche Ehe gilt nach dem Apostel Paulus als
brauchbare Gemeinschaft für die Menschen, die dem sexuellen
Drang nicht standhalten können (1 Kor 7, 8–9).
Die römisch-katholische Kirche prägte hier den Begriff
der ehelichen Keuschheit.[7][8] Promiskuität und Ehebruch
werden von allen christlichen Kirchen abgelehnt. Vorehelicher
Geschlechtsverkehr oder Partnerschaft Unverheirateter
wird heute von einigen Kirchen toleriert, aber als
Abweichung vom Ideal der Ehe angesehen.
Wenn Ehepartner nach übereinstimmendem Willen und
aus religiösen Gründen darauf verzichten, die Ehe zu
vollziehen, nennt man das eine Josefsehe. Der Begriff leitet
sich von Josef von Nazaret ab, der nach kirchlicher
Tradition und katholischer sowie orthodoxer Lehrauffassung
eine solche Ehe mit der Jungfrau Maria geführt hat.
1.1.1 Römisch-katholische Kirche
Die römisch-katholische Kirche setzt Keuschheit nicht
mit sexueller Enthaltsamkeit gleich.
„Die Keuschheit „soll die Menschen in den
verschiedenen Lebensständen auszeichnen: die
einen im Stand der Jungfräulichkeit oder in der
gottgeweihten Ehelosigkeit, einer hervorragenden
Weise, sich leichter mit ungeteiltem Herzen
allein Gott hinzugeben; die anderen, in der
für alle vom Sittengesetz bestimmten Weise, je
nachdem ob sie verheiratet oder unverheiratet
sind.[9]“
Der Kirchenvater Ambrosius von Mailand schreibt:
„Es gibt drei Formen der Tugend der
Keuschheit: die eine ist die der Verheirateten,
die andere die der Verwitweten, die dritte die
der Jungfräulichkeit. Wir loben nicht die eine
unter Ausschluss der anderen. Dies macht den
Reichtum der Disziplin der Kirche aus.“
Die in die Beziehung und in die gegenseitige Hingabe von
Ehepartnern eingebettete Sexualität ist nicht Unkeuschheit,
sondern sogar wünschenswert.[10][11]
In der Verpflichtung zu einem ehelosen Leben beim
Zölibat der Kleriker und in den Formen des geweihten
Lebens nach den evangelischen Räten (Versprechen der
Jungfräulichkeit oder Ehelosigkeit um des Himmelreiches
willen durch öffentliche Gelübde) geht es nicht nur um
den Verzicht auf Ehe, auf sexuelle Handlungen und auf
Sich-Hingeben an sexuelle Phantasien (Keuschheit der
Gedanken), sondern letztlich um eine persönliche Freiheit,
in der die eigene Libido in eine innere Einheit der
gereiften Persönlichkeit integriert ist.[12]
1.1.2 Evangelikale Bewegung
Für Enthaltsamkeit bis zur Ehe tritt die Jugendbewegung
True Love Waits ein, die Anfang der 1990er Jahre
in den Vereinigten Staaten in evangelikalen Kreisen
entstand. Daraus entwickelte sich eine internationale
Bewegung, die auch im deutschen Sprachraum unter
dem Namen Wahre Liebe Wartet aktiv ist (siehe auch
Keuschheitsbewegung).
1.2 Islam
Eine wichtige Aussage des Korans findet sich in Sure
17:32: „Und nahet nicht dem Ehebruch …“ Darüber hinaus
empfiehlt der Islam, jeden unnötigen Kontakt zwischen
den Geschlechtern zu vermeiden. Männer werden
dazu aufgefordert, ihre Augen niederzuschlagen (Sure
24:30). Sie sollen sich ebenso keusch wie die Frauen verhalten
(Sure 33:35).
Lebenslange Enthaltsamkeit wird im Islam aber abgelehnt,
da (nach einem Hadith) die Ehe der halbe Glauben
ist und der Koran das Mönchtum ablehnt (Sure 57:27).
In vielen islamischen Gesellschaften ist unter anderem
das Kopftuch (oder auch der Schleier) ein Symbol der
Keuschheit. Das entblößte Haupthaar wird in vielen
Gesellschaften als sinnlicher Reiz bzw. als ein Hauptbestandteil
der Schönheit einer Frau empfunden. „Sie
möchte durch die Bedeckung ihrer Schönheit, die vor allem
auch in ihren Haaren liegt, also kund tun, dass sie kein
Interesse an Flirts hat und keine Beziehungen zu fremden
Männern haben möchte, in denen Sexualität eine Rolle
spielt.“[13]
2 Keuschheit in Japan
→ Hauptartikel: Dōtei
Im japanischen Kulturraum wird männliche Keuschheit
als Dōtei bezeichnet und besonders in der Vorkriegszeit
hochgeachtet.
3 Literatur
Benedict J. Groeschel: The Courage to be Chaste.
Paulist Press, New York 1985, ISBN 0-8091-2705-
9.
Johann August Eberhard: Synonymisches Handwörterbuch
der deutschen Sprache. 1910, Nr. 183
3
Anton Kner: Was uns im Leben trägt. Die Tugenden
des Christen im Alltag. Ausgewählt und herausgegeben
von Reinhard Abeln. Kanisius, Freiburg
(Schweiz) 1994, ISBN 3-85764-408-7.
Dominikus Mettenleiter: Des heiligen Thomas von
Aquin Himmelsleiter, oder Uebung der vorzüglichsten
Tugenden. Georg-Joseph-Manz-Verlag, Regensburg
1854.
Josef Müller (* 1855): Die Keuschheitsideen in ihrer
geschichtlichen Entwicklung und praktischen Bedeutung.
F. Kirchheim, Mainz 1897.
4 Weblinks
Wikiquote: Keuschheit – Zitate
Commons: Keuschheit – Sammlung von Bildern,
Videos und Audiodateien
Wiktionary: Keuschheit – Bedeutungserklärungen,
Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
5 Einzelnachweise
[1] Bross, F. (2014): Grundkurs Germanistische Linguistik für
das bayerische Staatsexamen. Tübingen: Gunter Narr, S.
174.
[2] Ambrosius, vid. 23
[3] Tertullian, De exhortatione castitatis (Über die Aufforderung
zur Keuschheit)
[4] Die göttlichen Tugenden Glauben, Hoffen und Lieben
senken sich demzufolge nicht wie eine höhere sittliche Tugendschicht
auf das moralische (personale) Sein des Menschen,
sondern unterfangen und umfangen die sittlichen
Tugenden, formen sie aus und überhöhen sie. Was die Tugend
des Maßes, der Zucht und der Disziplin ist, offenbaren
die eingegossen im Glauben wirksamen Tugenden
der Enthaltsamkeit, der Keuschheit, der Jungfräulichkeit,
des Fastens, der Demut, Selbstbescheidung und Einfachheit.
Vergleiche auch Albert Zimmermann (Hrsg.): Thomas
von Aquin. Werk und Wirkung im Licht neuerer Forschungen.
de Gruyter 1988 in der Google-Buchsuche.
[5] D. Martin Luthers Evangelienauslegung, Markus- und Lukasevangelium,
Teil 3
[6] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2341
[7] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2349
[8] vgl. Papst Pius XI., Enzyklika Casti connubii, „Über die
christliche Ehe“, 1930
[9] Katechismus der Katholischen Kirche KKK 2349
[10] Katechismus der Katholischen Kirche, III.2.2.Art.6, Berufung
zur Keuschheit online auf intratext.com
[11] Josemaría Escrivá de Balaguer: Christus begegnen: Homilien.
6. Aufl., unveränd. Nachdr., Köln 2006, ISBN 3-
925746-64-1
[12] Kompendium zum Katechismus der Katholischen Kirche.
Libreria Editrice Vaticana, 2005. Meldung auf radiovaticana.
org. vom 28. Juni 2005
[13] Hadayatullah Hübsch: Artikel auf Kopftuch.info, einer
mittlerweile defunkten website, archiviert hier.
6 Siehe auch
Jüngling
Dōtei
Triebverzicht
Brautschleier
Lucretia
Susanna im Bade
Keuschheitsgürtel
Mönchspfeffer, auch Keuschbaum genannt
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4163717-3
4 7 TEXT- UND BILDQUELLEN, AUTOREN UND LIZENZEN
7 Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
7.1 Text
Keuschheit Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Keuschheit?oldid=138934035 Autoren: Wst, Jed, Aka, Irmgard, Ilja Lorek, Tsor, Seewolf,
Andim, Asthma, Geof, Zwobot, Stern, Karl-Henner, Ciciban, Robert Weemeyer, Perrak, Sinn, Peter200, Peng, Seidl, Martin-vogel,
Mnh, Solid State, Gerhardvalentin, Bhuck, Thomas G. Graf, Unscheinbar, DorisAntony, Ri st, Kako, Chrisfrenzel, Lysis, Chef, Adornix,
Jesaja, Adrian Suter, Jonathan Groß, Ahmadi, Falott, Leithian, C.Löser, Macronyx, Fg68at, Easyrider, Silenus, Jordi, Dave81, Onee, Zaphiro,
Dodo von den Bergen, Daaavid, Janz, Snotty, Erzbischof, W!B:, Diebu, Ulixes, Markus Schmaus, Doris Klitoris, Hildegund, Sulfolobus,
Suirenn, ParaDox, €pa, Xocolatl, Savin 2005, Mercuri, Bene16, Sigur, Video2005, EvaK, MelancholieBot, JCS, Friedrichheinz, Justus
Nussbaum, Rolf H., Highpriority, Gugerell, Otfried Lieberknecht, Gpvosbot, Logograph, Melchior2006, Nemissimo, Carol.Christiansen,
Secular mind, My name, Weissmann, Ar-ras, TobiasKlaus, Thijs!bot, Gleiberg, Cholo Aleman, GLGerman, Pilawa, Amphibium, RuED,
Bücherhexe, JAnDbot, Schokohäubchen, Herbertweidner, Sebbot, Maxjob314, Flavia67, ThoR, Maus-78, Gudrun Meyer, Thekryz, Nebukatnezar,
TheJH, VolkovBot, Skipper69, Sziklai, BurghardRichter, Duschgeldrache2, Idioma-bot, Usquam, Krawi, Mott, SieBot, Callidior,
Engie, Nikkis, Turris Davidica, Avoided, KnopfBot, Quietwaves, Buster Baxter, Giftpflanze, Wikkipäde, Alecs.bot, Matthias M., Kängurutatze,
Ute Erb, TPosch, Ubytre, Wuzur, Meinichernst, Alexbot, Dobby1397, Darkicebot, Lumikuu, Laurentianus, Thomas Glintzer, General
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BluePhoenix hh, Acht-x, Keuschheitsforum und Anonyme: 98
7.2 Bilder
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7.3 Inhaltslizenz
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