Die Shortlist
Norbert Gstrein • Monika Helfer • Christian Kracht •
Thomas Kunst • Mithu Sanyal • Antje Rávik Strubel
Norbert Gstrein
Der zweite Jakob
Carl Hanser, Februar 2021
Kommentar der Jury:
Erzählen ist bei Norbert Gstrein immer auch Nachdenken über
das Erzählen, seine notorischen Unzuverlässigkeiten, seine
unvermeidlichen Leerstellen. In seinem neuen Roman ist ein
Schauspieler anlässlich seines 60. Geburtstags gezwungen, sich
selbst und seiner Tochter Rechenschaft abzulegen und das Stationendrama
seiner Biografie in eine finale Fassung zu bringen.
Auf meisterhafte Weise demonstriert der Roman, wie sich die
Komplexität eines Lebens, das geprägt ist von Scheitern, Scham
und Schuld, einem simplen Plot verweigert. Mit „Der zweite
Jakob“ hat Norbert Gstrein seine virtuose Erzählkunst noch einmal
auf eine höhere Stufe gehoben.
Biografie:
Norbert Gstrein, 1961 in Tirol geboren, lebt in Hamburg. Seine
Werke wurden vielfacht ausgezeichnet. Für „Als ich jung war“
(2019) erhielt der Autor den Österreichischen Buchpreis.
Pressekontakt und Interviewanfragen: Carl Hanser
Christina Knecht, Telefon: +49 89 99 83 04 09
E-Mail: knecht@hanser.de
© Oliver Wolf
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Monika Helfer
Vati
Carl Hanser, Januar 2021
© Bildnachweis
Kommentar der Jury:
Kein Wort zuviel findet sich in Monika Helfers Roman „Vati“,
eine Annäherung an das Leben des Vaters der Autorin. Eine
Recherche über die Möglichkeit, Leben zu erzählen und Herkunft
zu begreifen – die auch die Initiation einer Autorin
beschreibt. Als der Vater versehrt aus dem Krieg zurückkehrt,
lernt er die Mutter kennen und wird Leiter eines Versehrtenheims
in den Bergen. Dort sammelt er Bücher, lebt mit und
für sie. Aber bereits hier zeigt sich, was sich nach dem Tod der
geliebten Frau ausprägt: eine große Abwesenheit, ein umfassendes
Schweigen, das auch das Leben der Kinder prägt. Ein Buch
von zärtlicher Traurigkeit – in dem Gefühl und sprachliche
Klarheit vollständig ausgewogen sind.
Biografie:
Monika Helfer, 1947 in Au/Bregenzerwald geboren, lebt als
Schriftstellerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Sie hat zahlreiche
Romane, Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht. Für
ihre Arbeiten wurde sie unter anderem mit dem Robert-Musil-
Stipendium, dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur
und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet. Mit ihrem
Roman „Schau mich an, wenn ich mit dir rede“ (2017) war sie für
den Deutschen Buchpreis nominiert.
Pressekontakt und Interviewanfragen: Carl Hanser
Christina Knecht, Telefon: +49 89 99 83 04 09
E-Mail: knecht@hanser.de
© Salvatore Vinci
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Christian Kracht
Eurotrash
Kiepenheuer & Witsch, März 2021
© Bildnachweis
Kommentar der Jury:
Hielt man sich in „Faserland“ die Welt mit ölimprägnierten
Jacken vom Leib, wird hier der Wollpullover zum fadenscheinigen
Dingsymbol. Denn von Verstrickungen bis zurück ins dunkelste
Kapitel deutscher Geschichte handelt Christian Krachts herausragender
Roman. „Eurotrash“ ist ein raffiniertes, ein tragikomisches
und mitunter überraschend zart erzähltes Stück autofiktionaler
Erinnerung, das die psychologischen Feinheiten einer Mutter-
Sohn-Beziehung ergründet und dabei familiäre Schattenwelten
aufsucht, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart ragen. Dem
Autor gelingt das seltene Kunststück, eine komplexe literarische
Poetik in stilistischer Virtuosität zum Leuchten zu bringen.
Biografie:
Christian Kracht, 1966 in der Schweiz geboren, zählt zu den
modernen deutschsprachigen Schriftstellern. Seine Romane
sind in über 30 Sprachen übersetzt. 2012 erhielt er den
Wilhelm-Raabe-Preis, 2016 den Schweizer Buchpreis und den
Hermann-Hesse-Literaturpreis.
Pressekontakt und Interviewanfragen: Kiepenheuer & Witsch
Ines Wallraff, Telefon: +49 22 13 76 85 77
E-Mail: iwallraff@kiwi-verlag.de
© Noa Ben-Shalom
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Thomas Kunst
Zandschower Klinken
Suhrkamp, Februar 2021
© Bildnachweis
Kommentar der Jury:
Bengt Claasen verschlägt es aus einer Lebenskrise in ein nordostdeutsches
Provinznest. Dort trotzen Menschen mit aufsässigen
Fantasien einer ihnen nicht wohlgesonnenen Realität. Sie haben
ihr Dorf zu Sansibar, ihren Teich zum Ozean umfantasiert, strukturieren
ihre Gegenwelt mit hinreißend absurden Ritualen.
„Zandschower Klinken“, oft einprägsam wie Musik, verströmt
Freiheit auch durch seine formale Radikalität. Politisch aufgeladen,
bricht es zugleich mit jeder Diskursschwere, weil es sich
im Spiel mit Wirklichkeit und Sprache keine Grenzen aufzwingen
lässt. Eine bittere, märchenhaft verschlüsselte Familiengeschichte
kontrapunktiert den Ausstieg in die Utopie, und dennoch: Dieses
Buch lässt einen freier atmen.
Biografie:
Thomas Kunst, 1965 in Stralsund geboren, lebt und arbeitet in
Leipzig. Er veröffentlicht Gedichte und Romane sowie Hörbücher,
für die er mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit
dem Lyrikpreis Meran 2014. Für einen Auszug aus „Zandschower
Klinken“ erhielt er den Niederösterreich Literaturpreis 2018.
Pressekontakt und Interviewanfragen: Suhrkamp
Alexandra Richter, Telefon: +49 30 74 07 44 29 1
E-Mail: richter@suhrkamp.de
© FranziskaReck_SV
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© Bildnachweis
Mithu Sanyal
Identitti
Carl Hanser, Februar 2021
Kommentar der Jury:
„Identitti“ ist eine Quadratur des Kreises: ein enorm vergnüglicher,
hochenergetischer Diskursroman, bei dessen Lektüre viel zu lernen
ist und der dabei grandios unterhält. Mit leichter Hand erzählt
Sanyal von Bloggerin Nivedita, Studentin an der Düsseldorfer Uni,
die ein Skandal durchschüttelt: Starprofessorin Saraswatis indische
Herkunft ist fake! Ohne jeden Hang zum Denunzieren zeigt der
Roman die verschiedenen, unversöhnlich scheinenden Positionen
– in Dialogen, Blogeinträgen, fiktiven Tweets realer Zeitgenoss*
innen – und so gelingt es ihm, gerade in den verfahrensten
Debatten wieder unbändige Freude am Austausch und
der Beweglichkeit im Kopf zu entfachen.
Biografie:
Mithu Sanyal, 1971 in Düsseldorf geboren, ist Kulturwissenschaftlerin,
Autorin, Journalistin und Kritikerin. 2009 erschien ihr Sachbuch
„Vulva. Das unsichtbare Geschlecht“ und 2016 „Vergewaltigung.
Aspekte eines Verbrechens“. „Identitti“ ist ihr erster Roman.
Pressekontakt und Interviewanfragen: Carl Hanser
Christina Knecht, Telefon: +49 89 99 83 04 09
E-Mail: knecht@hanser.de
© Guido Schiefer
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Norbert Gstrein • Monika Helfer • Christian Kracht •
Thomas Kunst • Mithu Sanyal • Antje Rávik Strubel
Antje Rávik Strubel
Blaue Frau
S. Fischer, August 2021
© Bildnachweis
Kommentar der Jury:
Antje Rávik Strubel erzählt aufwühlend in einem großen
Spannungsbogen von den Gewalterfahrungen einer jungen Frau
im heutigen Europa. Adina kommt aus einem Dorf in Tschechien,
ihr Weg führt sie über Berlin in die Uckermark. Nach der
Vergewaltigung durch einen einflussreichen Multiplikator der
europäischen Kulturpolitik flieht sie nach Helsinki und ins
innere Exil. Ein Ost-West Roman, ein Europaroman, eine Geschichte
über Machtmissbrauch, meisterhaft in der Verflechtung der
Handlungsstränge und in der atmosphärischen Darstellung
finnischer Landschaft. Eine Figur mit mythischen Zügen – die
blaue Frau – verbindet das Erzählte mit der Ebene der Erzählerin
und macht so den Roman auch zum Roman über das Schreiben
selbst.
Biografie:
Antje Rávik Strubel, 1974 in Potsdam geboren, veröffentlichte zahlreiche
Romane. „Kältere Schichten der Luft“ (2007) war für den Preis
der Leipziger Buchmesse nominiert, „Sturz der Tage in die Nacht“
(2011) stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Sie wurde
als erste Writer in Residence an das Helsinki Collegium for Advanced
Studies eingeladen und erhielt 2019 den Preis der Literaturhäuser.
Sie lebt in Potsdam.
Pressekontakt und Interviewanfragen: S. Fischer
Julia Giordano, Telefon: +49 69 60 62 20 2
E-Mail: julia.giordano@fischerverlage.de
© Philipp von der Heydt
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