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Zwei_Jesus_Bücher_von_R_Guardini_und_J_Ratzinger

Inhaltsverzeichnis

 

Manfred Lagler - Regall kommentiert

 

Zwei Jesusbücher gegenübergestellt von

Joseph Ratzinger und Romano Guardini

 

Erster Teil: Die Ursprünge

 

Die Taufe Jesu

Die Taufe und die Versuchung I

Die Versuchungen Jesu

Die Taufe und Versuchung II

 

Zweiter Teil: Botschaft und Verheißung

 

Das Evangelium vom Reich Gottes

Die Botschaft des Reich Gottes

Die Bergpredigt

Die Botschaft der Bergpredigt

Die Seligpreisungen

Die Seligpreisungen bei Romano Guardini

 

Dritter Teil: Leiden, Tod und Auferstehung

 

Die eschatologische Rede Jesu

Eschatologische Deutung

Das letzte Abendmahl

Die letzten Tage - Mysterium fidei

Auferstehung

Die Auferstehung Jesu aus dem Tod

Die Auferstehung bei Romano Guardini

 

Vierter Teil: Zeit und Ewigkeit

 

Das Gebet des Herrn

Das Herrengebet : das Vater-unser

Petrusbekenntnis

Zwischen Zeit und Ewigkeit

 

 

 

 

 

 

 

Erster Teil: Die Ursprünge

 

Die Taufe Jesu

 

Das öffentliche Wirken Jesu beginnt mit seiner Taufe im Jordan durch Johannes den Täufer. Während Matthäus dieses Ereignis nur formelhaft mit den Worten datiert: "in jenen Tagen", stellt Lukas es ganz bewusst in den großen weltgeschichtlichen Zusammenhang hinein, der eine

recht präzise Datumsangabe ermöglicht. Allerdings bietet Matthäus insoferne auch eine Art Datierung, als er seinem Evangelium den Stammbaum Jesu voranstellt, der als ein Abrahams und als ein Davidstammbaum gebaut ist und Jesus als den Erben der Abrahamsverheißung wie als den Erben der Zusagen Gottes an David darstellt, dem Gott ein - durch alle Sünden Israels und alle Züchtigungen Gottes hindurch - ewiges Königtum verheißen hatte. ... Merken wir hier

gleich an, daß Lukas seinen Stammbaum Jesu nicht an den Anfang des Evangeliums stellt, sondern ihn mit der Taufgeschichte als deren Abschluss verbindet. Er sagt uns, daß Jesus zu diesem Zeitpunkt etwa 30 Jahre alt war, also das Alter erreicht hatte, das zu öffentlichem Wirken berechtigte. ... So wird die universale Sendung Jesu herausgestellt: Er ist Sohn Adams -

Menschensohn. Durch sein Menschsein gehören wir alle zu ihm, er zu uns; in ihm beginnt die Menschheit neu und kommt an ihr Ziel. ... Diesen Faden nimmt Lukas bei der Einleitung der Täufergeschichte, dem Anfang von Jesu öffentlichem Wirken, wieder auf. Nun sagt er uns feierlich genau: "Es war im 15. Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war

Statthalter von Judäa, Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene; Hohepriester waren Hannas und Kajaphas..."

(Lk 3,1f). ...

 

Das Wirken Jesu ist nicht als ein mythisches Irgendwann anzusehen, das zugleich immer und nie bedeuten kann; es ist genau datierbares historisches Ereignis mit dem ganzen Ernst wirklich geschehener menschlicher Geschichte - mit ihrer Einmaligkeit, deren Weise von

Gleichzeitigkeit mit allen Zeiten anders ist als die Zeitlosigkeit des Mythos.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" (2007 Verlag Herder, Freiburg im Breisgau) 1. Kapitel Die Taufe Jesu, Seite

36 - 51

 

Kommentar

 

2007 erschien dieses Jesusbuch von Joseph Ratzinger, dem damaligen Papst Benedikt XVI, welcher im Vorwort erwähnt, dass in seiner Jugendzeit in den 30er und 40er Jahren es eine Reihe begeisternder Jesus- Bücher gegeben hat: von Karl Adam, Romano Guardini, Franz Willam, Giovanni Papini, Daniel-Rops. Zwei dieser Jesusbücher sind hiermit Grundlage meiner Arbeit von zwei Autoren, die in der Kirche zwei verschiedene Aufgaben und Ämter ausübten. Während Joseph Ratzinger noch lebt, so ist Romano Guardini bereits fast 50 Jahre tot. Meiner Weltanschauung nach gehören diese beiden Theologen zu den Bekanntesten oder aber auch zu den Berühmtesten des 20. Jahrhunderts.

 

Die Taufe und die Versuchung I

 

Es wird uns nicht berichtet, wie die Zeit der Verborgenheit im Leben des Herrn zu Ende ging. Die Kunst hat den Abschied Jesu von den Seinen zu gestalten versucht, doch das ist Werk frommen Sinnens. Die Evangelien erzählen nur, wie eines Tages Johannes zur Buße mahnend und taufend am Jordan steht, und plötzlich Jesus kommt und die Taufe verlangt. Johannes wehrt ab: "Mir tut not, von Dir getauft zu werden, und Du kommst zu mir?" Da antwortete Jesus und sprach zu ihm: "Laß es jetzt geschehen. Denn es ziemt Uns, die ganze Gerechtigkeit zu erfüllen." Nun fügt sich Johannes. "Als dann Jesus getauft war und aus dem Wasser stieg, siehe,

da taten sich die Himmel über ihm auf, und Er sah den Geist Gottes einer Taube gleich herniederfahren, und über Ihn kommen. Und siehe, eine Stimme sprach aus dem Himmel: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem Ich mein Wohlgefallen habe." (Mt 3,13-17) Wie Jesus zum Jordan kommt, liegt hinter Ihm das tiefe Erfahren der Kindheit und der langen Jahre des "Zunehmens an Alter, Weisheit und Gnade" (Lk 2,52). Das Bewußtsein der

ungeheuren Aufgabe und aus unergründlichen Tiefen aufsteigende Kräfte leben in Ihm – die erste Gebärde aber, die wir von Ihm sehen, und das erste Wort, das Er spricht, sind Demut. Nirgendwo der Anspruch der Ungewöhnlichkeit, der sagt: "Das gilt für andere, nicht für mich!"

Er kommt zu Johannes und verlangt die Taufe. Sie verlangen, heißt das Wort des Täufers annehmen und sich als Sünder bekennen; Buße tun und sich dem öffnen, was von Gott herkommen will. So verstehen wir, wie Johannes erschrocken abwehrt. Jesus aber tritt in die Reihe. Er beansprucht keine Ausnahme, sondern stellt sich unter die "Gerechtigkeit", die für alle gilt.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 27 f.

 

Kommentar

 

Während der eine, Joseph Ratzinger [Benedikt XVI], von einem genau datierbaren geschichtlichen Ereignis spricht, der Taufe Jesu, so schreibt Romano Guardini die Tatsache der Taufe Jesu als besonderer Moment am Ende der Kindheit Jesu.

 

Die Versuchungen Jesu

 

"Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird" (Mt 4,3) - so lautet die erste Versuchung. ... Der Gottesbeweis, den der Versucher bei der ersten Versuchung vorschlägt, besteht darin, die Steine der Wüste zu Brot zu machen. Zunächst geht es um den Hunger Jesu selbst - so hat es Lukas gesehen: "Sag zu diesem Stein, dass er Brot wird" (Lk 4,3). Aber Matthäus versteht die Versuchung weiträumiger, so wie sie dann schon zu Lebzeiten des irdischen Jesus und die ganze Geschichte hindurch immer wieder an ihn herangetragen wurde und herangetragen wird.

 

Was ist tragischer, was widerspricht mehr dem Glauben an einen guten Gott und dem Glauben an einen Erlöser der Menschen als der Hunger in der Menschheit? Muss es nicht der erste Ausweis des Erlösers vor der Welt und für die Welt sein, daß er ihr Brot gibt und dass aller Hunger endet? ...

 

Kommen wir zur zweiten Versuchung Jesu, deren exemplarische Bedeutung in mancher Hinsicht am schwersten zu verstehen ist. Die Versuchung ist als eine Art Vision aufzufassen, in der wiederum Wirklichkeit, eine besondere Gefährdung des Menschen und des Auftrags Jesu zusammengefasst ist. ... Der Teufel zitiert die Heilige Schrift, um Jesus in seine Falle zu locken.

 

Er zitiert den Psalm 91,11f, der von dem Schutz spricht, den Gott dem gläubigen Menschen gewährt: "Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu hüten auf allen deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt."...; das ganze Gespräch der zweiten Versuchung erscheint förmlich wie ein Streit zweier Schriftgelehrter: Der Teufel tritt als Theologe auf bemerkt Joachim Gnilka dazu. ...

 

Kommen wir zur dritten und letzten Versuchung, dem Höhepunkt der ganzen Geschichte. Der Teufel führt den Herrn visionär auf einen hohen Berg. Er zeigt ihm alle Königreiche der Erde und deren Glanz und bietet ihm das Weltkönigtum an. Ist das nicht genau die Sendung des

Messias? Soll er nicht der Weltkönig sein, der die ganze Erde in seinem großen Reich des Friedens und des Wohlstands vereinigt? ... Die dritte Versuchung Jesu erweist sich so als die grundlegende - die Frage danach, was ein Heiland der Welt tun muss. Sie durchzieht das ganze Leben Jesu. ... Petrus hatte im Namen der Jünger das Bekenntnis zu Jesus als dem Messias-Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes, gesprochen und damit jenen Glauben formuliert, der die Kirche aufbaut und die neue, auf Christus gegründete Gemeinschaft des Glaubens eröffnet.... Der Herr erklärt sofort, dass der Begriff des Messias von der Ganzheit der prophetischen Botschaft aus zu verstehen ist, dass er nicht weltliche Macht meint, sondern Kreuz und die durch das Kreuz hindurch entstehende ganz andere Gemeinschaft.

 

So hatte aber Petrus es nicht verstanden: "Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!" Wenn wir die diese Worte auf dem Hintergrund der Versuchungsgeschichte lesen - als ihre Wiederkehr im entscheidenden Augenblick -, dann erst verstehen wir die unglaubliche harte Antwort Jesu:

"Weg mit dir, Satan! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen" (Mt 16,22f). ...

 

Im Kampf gegen Satan hat Jesus gesiegt: Der verlogenen Vergöttlichung der Macht und des Wohlstands, der verlogenen Verheißung einer durch Macht und Wirtschaft allen alles gewährenden Zukunft hat er das Gottsein Gottes entgegengestellt - Gott als das wahre Gut des Menschen.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" , 2. Kapitel - Die Versuchungen Jesu, Seite 53 -74

 

Kommentar

 

Es gibt drei Versuchungen, denen Christus widerstanden hat. Ich möchte mich auf die zweite Versuchung hiermit beschränken. Diese wird von Joseph Ratzinger als Streit zweier Schriftgelehrter gedeutet. Denn "Der Teufel tritt als Theologe auf bemerkt Joachim Gnilka dazu". Mir ist hierbei nicht ganz klar, wie ich dies verstehen soll. Trotzdem glaube ich zu verstehen, dass ich im Glauben nur dann wachsen kann, wenn ich immer wieder dem Teufel widersagen werde, und wie wir, Erstkommunionkinder, dies in einem Taufversprechen formulierten! "Ich widersage dem Satan, dem Urheber des Bösen, um in der Freiheit der Kinder Gottes leben zu können."

 

Die Taufe und Versuchung II

 

Voll des Geistes ist Jesus in die Einsamkeit gegangen; von einem ungeheuren Bewußtsein der Sendung und Kraft getragen. Er fastet. Was nicht das aufgenötigte Entbehren, sondern das mit innerer Bereitschaft aufgenommene Fasten bedeutet, müssen wir uns von den Meistern des

geistlichen Lebens sagen lassen. Heute wissen auch Ärzte und Erzieher wieder mehr davon.

 

Zuerst wird nur der Mangel gefühlt; dann verschwindet das Verlangen nach Nahrung und kommt, je nach der Kraft und Reinheit der betreffenden Natur, durch eine lange Reihe von Tagen nicht wieder. Wenn der Körper keine Nahrung erhält, zehrt er von seinem eigenen Bestande; so bald aber diese Selbstverbrennung an die wichtigsten Organe greift, erwacht ein

wilder, elementarer Hunger, und dann geht es ums Leben: das ist jenes "Hungern", das von Jesus berichtet wird.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 30, 31

Kommentar

 

Jesus geht uns Gläubigen als gutes Vorbild als Mensch, Arzt und Erzieher voraus, indem er fastet, betet und Opfer vollbringt. Er, der Sohn Gottes, weiß um die menschlichen Schwächen, und will uns beispielhaft darin lehren, wie der Körper des Menschen "funktioniert", und wie wir diesen längerfristig gesund erhalten können.

 

Zweiter Teil: Botschaft und Verheißung

  

Das Evangelium vom Reich Gottes

 

Der zentrale Inhalt des "Evangeliums" lautet: Das Reich Gottes ist nahe. Es wird eine Markierung in der Zeit gesetzt, Neues geschieht. Und es wird eine Antwort der Menschen auf dieses Geschenk verlangt: Bekehrung und Glaube. Das Zentrum dieser Ansage ist die Botschaft vom Nahesein von Gottes Reich. Diese Ankündigung bildet tatsächlich die Mitte von Jesu Wort

und Wirken. ... Bei den Vätern können wir drei Dimensionen in der Auslegung dieses Schlüsselwortes erkennen. Zum einen ist da die christologische Dimension. ... Jesus selbst ist das "Reich"; das

Reich ist nicht eine Sache, nicht ein Herrschaftsraum wie weltliche Reiche. Es ist Person: Er ist es. Das Wort "Reich Gottes" wäre so selber eine verhüllte Christologie: Auf das Ungeheure, dass in ihm Gott selber da ist unter den Menschen, dass er Gottes Gegenwart ist, führt er die

Menschen hin durch die Weise, wie er vom "Reich Gottes" redet.

 

Eine zweite Sicht auf die Bedeutung von "Reich Gottes" könnten wir die "idealistische" oder auch die mystische Deutung nennen, die das Reich Gottes wesentlich in der Innerlichkeit des Menschen angesiedelt sieht.

 

Eine dritte Dimension in der Auslegung von Gottes Reich könnten wir die ekklesiastische nennen: Reich Gottes und Kirche werden in  unterschiedlicher Weise in Beziehung zueinander gesetzt und mehr oder weniger nahe aneinandergerückt. 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] ,"Jesus von Nazareth", 3. Kapitel - Das Evangelium vom Reich Gottes, Seite 76 - 92

Kommentar

 

Die drei Dimensionen des Reiches Gottes; die christologische, die "idealistische" oder mystische und die ekklesiastische Deutung will uns der "Meister"-Theologe, Ratzinger, hiermit klar machen, die uns den Weg zu Gott finden lassen, oder anders formuliert uns Menschen, die wir den einzigen, richtigen Weg ins Reich Gottes zu gehen beabsichtigen mögen!

 

Die Botschaft des Reich Gottes

 

Die Botschaft des Reiches ist gewaltig, ihre Forderung schwer. Die Jünger sind oft ganz erschüttert, und einmal fragen sie: "Wer kann dann gerettet werden?" Jesus sieht, mit welcher Ratlosigkeit sie hören, was der Mensch und wie unfähig er aus eigener Kraft zu dem ist, was Gott von ihm fordert; so "schaut Er sie an" und sagt: "bei den Menschen ist das unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich" (Mt 19,25-26). Bei einem bestimmten Anlass kommt ihnen ganz stark zum Bewußtsein, wie sie sich Ihm doch über alle Vorsicht und Sicherheit hinaus ergeben haben, und Petrus fragt: "Siehe, wir haben alles zurückgelassen und sind Dir gefolgt; was wird unser Lohn sein?" Jesus aber sprach zu ihnen: "Wahrlich, Ich sage euch, ihr die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt. wenn der Menschensohn auf dem Throne seiner Herrlichkeit sitzen wird, auch auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. Und jeder, der Brüder und Schwestern, Vater oder Mutter, Kinder oder Feld und Haus um meines Namens Willen verläßt, wird ein Vielfaches wiedererhalten und das ewige Leben erben. Viele Erste aber werden die Letzten sein und die Letzten die Ersten." (Mt 19,27-30) Er belehrt sie, wie sie im Gebet vor Gott treten sollen; mit welchen Gedanken und in welcher Haltung; und was ihnen vor Gott wichtig sein soll; denn wie eines Tages die Jünger kommen und sagen, Johannes habe die Seinen im Gebet unterwiesen, und auch Er möge so tun, lehrt Er sie das Vaterunser (Lk 11,1-13).

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 69 unten - 70 oben

 

Kommentar

  

Die Nachfolge Christi ist wahrscheinlich die einzige, reale, wahre Botschaft des Reich Gottes, das uns im Gebet zu Gott nahegebracht wird, denn "Er lehrt sie das Vaterunser".

 

 

Die Bergpredigt

 

Auf das Hören und Nachfolgen kommt es in Zukunft an, nicht auf die Abstammung. Jüngerschaft ist jedem möglich, Berufung für alle: So bildet sich vom Hören her ein umfassenderes Israel - ein erneuertes Israel, das das alte nicht ausschließt oder aufhebt, aber überschreitet ins Universale hinein. Jesus sitzt auf der "Kathedra" des Moses, aber nicht wie die Lehrmeister, die in der Schule zu solchen gebildet werden; er sitzt dort als der größere Mose, der den Bund ausweitet auf alle Völker hin. So wird auch die Bedeutsamkeit des Berges klar. Der Evangelist sagt uns nicht, um welchen der Hügel Galiläas es sich handelt. Aber dadurch, dass er der Ort der Predigt Jesu ist, ist er einfach "der Berg" - der neue Sinai. "Der Berg" ist der Ort des Betens Jesu - seines Aug´-in-Aug´ mit dem Vater; gerade darum ist er auch der Ort seiner Lehre, die aus diesem innersten Austausch mit dem Vater kommt. "Der Berg" ist so von selbst auch als der neue, der endgültige Sinai ausgewiesen.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] ,"Jesus von Nazareth", 4. Kapitel - Die Bergpredigt, Seite 93-160

 

Kommentar

 

Romano Guardini schreibt: "Der Wille des Vaters ist Ihm "Speise". In der Bergpredigt wird Er jene selig preisen, die "hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit" (Mt 5,6). Das darf Er tun, denn Ihn selbst hungert und dürstet, daß der Wille des Vaters geschehe, weil der allein Erfüllung und Wirklichkeit ist. Daß dieser Wille geschieht, das sättigt Ihn; darüber vergißt Er irdische Speise und irdischen Trank." (S. 123 "Der Herr" Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi).

 

Die Botschaft der Bergpredigt

 

Ich kann aber meinen Feind nicht lieben! ... Du kannst dich aber doch dahin bringen, ihn nicht zu hassen. Das ist bereits ein Beginn der Liebe... Auch das geht nicht!... So versuche wenigstens, die Abneigung nicht in das Wort gelangen zu lassen. Darin wäre schon etwas auf Liebe hin...

Aber hieße das nicht die Forderung abschwächen? Geht es hier nicht um ein Alles oder Nichts?

 

Wenn wir offen sprechen dürfen: Die Entweder-Oder Leute sehen selten so aus, als ob sie ihre Strenge auch lebten. Ihre Unbedingtheit sieht oft bedenklich nach Rhetorik aus... Nein, was die Bergpredigt fordert, ist kein "Ganz oder Garnicht", sondern darin gibt es ein Beginnen und ein

Weitergehen; auch ein Fallen und Aufstehen. Worauf kommt es also an? Daß wir die Botschaft der Bergpredigt nicht als starres Gebot auffassen, sondern als lebendige Forderung und wirkende Kraft zugleich. Worum es geht, ist ein Verhältnis des gläubigen Menschen zu Gott, das sich allmählich im Verlauf des Daseins auswirken; eine Begegnung, die in Gang kommen und fortschreiten soll.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 104

 

Kommentar

 

Die Liebe zu Gott und den Nächsten will uns Jesus Christus mit seiner Botschaft der Bergpredigt auch heute im Jahre 2021 immer wieder vor Augen halten und zu Ohren kommen. Denn diese Botschaft ist immer wieder aktuell, brennend, und einzigartig! "Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters neige das Ohr deines Herzens!" (Benediktusregel Prolog I)

 

Die Seligpreisungen

 

Die Seligpreisungen werden nicht selten als das neutestamentliche Gegenüber zum Dekalog, sozusagen als die höhere Ethik der Christen gegenüber den alttestamentlichen Geboten hingestellt. Mit einer solchen Auffassung verkennt man den Sinn dieser Worte Jesu vollständig.

 

Jesus hat die Gültigkeit des Dekalogs immer selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. z.B. Mk 10,19; Lk 16,17); in der Bergpredigt werden die Gebote der zweiten Tafel aufgenommen und vertieft, aber nicht aufgehoben (Mt 5,21-48); ...

 

Aber die bedrohliche empirische Situation in der Jesus die Seinen sieht, wird zur Verheißung, wenn der Blick auf sie vom Vater her erleuchtet wird. Im Blick auf die Jüngergemeinde Jesu sind die Seligpreisungen Paradoxien - die weltlichen Maßstäbe werden umgestürzt, sobald die Dinge in der rechten Perspektive gesehen werden, nämlich von Gottes Wertung her, die anders ist als die Wertungen der Welt. Gerade die weltlich Armen und als verloren Angesehenen sind die wahrhaft Glücklichen, die Gesegneten, und dürfen in all ihren Leiden sich freuen und jubeln. Die Seligpreisungen sind Verheißungen, in denen das neue Bild von Welt und Mensch

aufleuchtet, das Jesus eröffnet, die "Umwertung der Werte". Sie sind eschatologische Zusagen; aber das darf nicht in dem Sinn verstanden werden, als ob die darin angekündigte Freude in eine endlos entfernte Zukunft oder ausschließlich ins Jenseits verschoben wäre. Wenn der

Mensch anfängt, von Gott her zu sehen und zu leben, wenn er in der Weggemeinschaft mit Jesus steht, dann lebt er von neuen Maßstäben her, und dann wird etwas vom "Eschaton", vom Kommenden, jetzt schon präsent. Von Jesus her kommt Freude in die Drangsal.

 

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] ,"Jesus von Nazareth", 4. Kapitel - Die Bergpredigt, Seite 93-160 Ausschnitt (S. 100,101)

 

Kommentar

 

Joseph Ratzinger (Benedikt XVI.) sieht in den Seligpreisungen eine Vertiefung der Gebote Gottes im Neuen Bund aus der Analyse der zwei Tafeln an Mose gerichteten Gebote Gottes aus dem Alten Bund, wenn ich ihn richtig verstehe.

 

Die Seligpreisungen bei Romano Guardini

 

Viel näher läge eine andere [Deutung], die wenigstens unmittelbar aus der Wärme des Herzens kommen würde: daß nämlich hier die lautere Gottesliebe hervorbricht; und daß sie, eben weil sie Liebe ist, sich vor allem auf jene richtet, die ihrer besonders bedürfen, die Entbehrenden, Trauernden, Verfolgten. Aber auch sie würde noch nicht das Letzte treffen. Dem kommen wir erst vom Innersten der christlichen Botschaft her nahe. Im elften Kapitel berichtet Matthäus: "Zu jener Zeit hub Jesus an und sprach: "Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der

Erde, weil Du dieses vor den Weisen und Verständigen verborgen, und es den Einfältigen geoffenbart hast. Ja, mein Vater, also war es wohlgefällig vor Dir!" (Mt 11,25-26) Hier muß es um etwas so Herrliches und Gewaltiges gehen, daß Jesu Herz überströmt. Sein ganzes Innere kommt in Bewegung, heißt es doch gleich nachher: "Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden, und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, und keiner erkennt den Vater als nur der Sohn, und wem der Sohn es offenbaren will. Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und Ich werde euch erquicken! Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir,

denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Erquickung für eure Seelen finden." (Mt 11,27-29) Ist da nicht das nämliche Geheimnis wie in den Seligpreisungen? Das Bewußtsein, umzustürzen, was in der Welt gilt - um das Eigentliche aufzurichten?

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 79 unten - 80 oben

 

Kommentar

 

Im Bibelatlas "BIBLICA" im 7. Kapitel "Das Leben Jesu von Narareth" im Kapitel "Die Bergpredigt" (Seite 427) steht folgendes geschrieben: "Die große Predigt bei Matthäus hält Jesus auf einem Berg, was von

besonderer Bedeutung zu sein scheint. Bereits zu Beginn des Evangeliums wird Jesus als Sohn, den Gott aus Ägypten gerufen hat, bezeichnet (Mt 2,15) und damit auf Mose angespielt. Und so wie Mose die Gesetzestafeln vom Berg Sinai herabgebracht hat, so predigt auch Jesus auf einem Berg. Er beginnt mit den christlichen Entsprechungen der Zehn Gebote: den Seligpreisungen (Mt 5, 3-12)"

 

 

Dritter Teil: Leiden, Tod und Auferstehung

 

Die eschatologische Rede Jesu

 

Kommen wir nun zum eigentlich apokalyptischen Teil der eschatologischen Rede Jesu: zur Ankündigung von Ende der Welt, Wiederkunft des Menschensohnes und allgemeinem Gericht (Mk 13,24-27) ...

 

Zuerst freilich müssen wir auf das achten, was das Neue ist: Der kommende Menschensohn, von dem Daniel (7,13f) gesprochen hatte, ohne im persönliche Züge geben zu können, ist nun identisch mit dem jetzt zu den Jüngern redenden Menschensohn. Die alten apokalyptischen

Worte erhalten eine personalistische Mitte: In ihr Zentrum rückt die Person Jesu selbst, die die gelebte Gegenwart und die geheimnisvolle Zukunft ineinander verknüpft. Das eigentliche "Ereignis" ist die Person, in der im Vergehen der Zeit wirklich Gegenwart bleibt. In dieser

Person ist das Künftige jetzt da. Die Zukunft wird uns letztlich in keine andere Situation stellen, als sie im Begegnen mit Jesu schon gegeben ist.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" Band II, 2. Kapitel S65, 66

 

Kommentar

 

Die Eschatologie spricht von der Lehre von den "Vier letzten Dinge", die da sind: Der Tod, das Gericht, die Hölle und der Himmel. In der christlichen Theologie versteht man die Lehre von der Vollendung des Einzelnen (Tod, Gericht, Jenseits) und der ganzen Schöpfung (Auferstehung der Toten, Jüngstes Gericht, Weltende) (siehe Brockhaus Lexikon Band II., S.79) Die Person Jesus tritt also auch bei Benedikt XVI. in seiner Theologischen Auseinandersetzung mit seiner ganzen Person in den Mittelpunkt dessen ganzen Lebensinteresses, wie ich glaube und wie es in Worten und Taten des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in seinem Glauben auf Gottes Liebe hoffend immer wieder er es auch realisiert hat und sicherlich weiter verwirklichen wird.

 

 

 

 

 

 

Eschatologische Deutung

 

... Nichts von alledem trifft für Jesus zu. Man hat Ihn so zu verstehen gesucht, in der Zeit, als "das Eschatologische" Stichwort war. Danach hätte Jesus, als keine irdische Aussicht mehr bestand, alles auf den "Erfolg des Mißerfolges" gesetzt; auf den mystischen Zusammenhang einer Erfüllung von Gott her, hoffend, daß aus seinem Tode die Umwandlung von Allem

kommen werde. Von hier her hat man Worte zu verstehen gesucht wie dieses: "Unter denen, die hier stehen, sind einige, die werden den Tod nicht kosten, ehe sie den Menschensohn in seiner Königsmacht kommen sehen." (Mt 16,28) Davon ist keine Rede. Jesus kapituliert nicht; niemals findet sich bei Ihm ein Zusammenbruchsgefühl, und es ist falsch, auch nur von "Katastrophe" zu reden. Aber auch von einer mystisch-enthusiastischen Überspringung der Erfolglosigkeit in einem schöpferischen Untergang findet sich nichts. Das ist alles verstiegene, und, im Vergleich zu dem, worum es in Wahrheit geht, dünne Psychologie. Hier ist Anderes.

Was aber? Wenn wir uns die Haltung Jesu vergegenwärtigen, wie sie uns aus dem Bericht der Evangelien über die letzten Tage entgegentritt, so sehen wir darin die endgültige Offenbarung dessen, was wir oben über die Wesensart Jesu überhaupt gesagt haben. Nichts von angespannten Verfolgen eines Zieles. Nichts von rastlosem "Arbeiten". Nichts von "Kampf" im gewohnten Sinn des Wortes. Jesu Haltung ist ganz gelassen. Er stellt hin, was Er zu sagen hat.

Unerbittlich, aber ganz um der Sache selbst willen. Nicht auf Wirkung hin, sondern so, wie es der inneren Notwendigkeit nach gesagt werden muß. Er greift nicht an, weicht aber auch nicht aus. Er "hofft" nichts, was menschlich erhofft werden könnte; so fürchtet Er auch nichts.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 418 

 

Kommentar

 

Guardini sieht in der Eschatologischen Deutung, dass Jesus eine Art alles auf eine Karte setzend, und "alles auf den "Erfolg des Mißerfolges" gesetzt" hat. Jesus wird als ruhige, zielorientierte, selbstbewusste Persönlichkeit in "Die letzten Tage" von Romano Guardini theologisch dargestellt, und setzt und zeichnet hier ein ganz anderes Bild des Gekreuzigten als vermutlich einer seiner Schüler Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] ihn, Gott, erleben oder erfahren wird können.

 

 

 

 

 

Das letzte Abendmahl

 

Nun bleibt noch ein Wort aus den Stiftungsworten Jesu auszulegen, das in jüngster Zeit Anlass zu vielfältigen Debatten geworden ist. Nach Markus und Matthäus hat Jesu gesagt, dass sein Blut "für viele" ausgegossen werde und damit eben auf Jes 53 angespielt, während bei Paulus und Lukas vom Geben bzw. Ausgießen "für euch" die Rede ist.

 

Die neuere Theologie hat mit Recht, das allen vier Berichten gemeinsame Wort "für" unterstrichen, das man als Schlüsselwort nicht nur der Abendmahlsberichte, sondern der Gestalt Jesu überhaupt ansehen darf. Sein ganzes Wesen wird mit dem Wort "Proexistenz"

umschrieben - ein Stehen nicht für sich selbst, sondern für die anderen, das nicht etwa nur eine Dimension dieser Existenz ist, sondern ihr Innerstes und Ganzes. Sein Sein ist als solches "Sein für". Wenn uns gelingt, dies zu verstehen, dann sind wir wirklich dem Geheimnis Jesu nahegekommen, dann wissen wir auch, was Nachfolge heißt.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" Band II, 5. Kapitel S. 154

 

Kommentar

 

"Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bist Du kommst in Herrlichkeit. Amen!" So antwortet das Volk in jeder heiligen Messe als Ritual dem Priester!

 

Die letzten Tage - Mysterium fidei

 

Das Mahl, das sie zusammenhalten, ist eine Kultfeier. Sie enthält die Sühnehandlung von damals in Ägypten, als ein Lebendiges getötet wurde, und sein Blut zum Zeichen für die Bewahrung des Volkes vor dem Verderben diente. In diese Stimmung hinein vollzieht Jesus seine Handlung: nimmt das Brot; "dankt", preist Gott für die sich darin verwirklichende Gnade; segnet es, wie Er vorher das Mahl gesegnet hat; bricht es, wie Er vorher die Speise geteilt hat; gibt es den Seinen, wie Er auch sonst, als Hausvater, im Laufe des Mahles den Teilnehmenden zum Zeichen der Verbundenheit Speisebissen gereicht hat: "Nehmet hin und esset. Dieses ist mein Leib, der für euch hingegeben wird." Auf dem Tisch hat der dahingegebene Leib des Lammes gelegen; die Speise des Alten Bundes. Sie können gar nicht anders, als das, was Er

sagt, in derselben Richtung zu verstehen, nämlich wirklich. Kulthaft, geheimnisvoll wirklich, aber wirklich. Und wie Er vorher den Becher des Alten Bundes gesegnet und gereicht hat, in welchem der Wein an das beim Opfer gesprengte Blut erinnert, so spricht Er jetzt: "Trinket alle daraus. Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute, das für euch vergossen wird." Der alte war im Blute des Lammes, der Opfer am Sinai, der neue ist im seinen. ...

 

Was ist hier also vorsichgegangen? Die Theologie bemüht sich unablässig um das Verständnis, aber man hat das Gefühl, als ob dieser Teil ihrer Arbeit unter allen am wenigsten Frucht trage. Vielleicht ist es auch so in Ordnung. An der heiligsten Stelle, in den Wandlungsworten der

Messe selbst, hat die Kirche den Ruf eingefügt: "mysterium fidei!" - Geheimnis des Glaubens.

 

Wenn irgendwo die Undurchdringlichkeit des Offenbarungsgeheimnisses deutlich wird, dann hier. So wollen auch wir keine Erklärung geben. Das Geheimnis soll in seiner ganzen Dichte stehen bleiben. Wir wollen von keinem "Wie" sprechen, sondern nur fragen, "was" hier ist.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 448, 449 Auferstehung

 

Die dritte Prophezeiung ist eine nochmalige Abwandlung der zum Letzten Abendmahl gehörenden Streitgespräche mit Petrus. Petrus überhört die Auferstehungs-Vorhersage. Er nimmt nur die Ankündigung von Tod und Zerstreuung wahr, und dies bietet ihm die Gelegenheit, seinen unerschütterlichen Mut und seine radikale Treue zu Jesus zu bekunden.

Weil er das Kreuz nicht will, kann er das Wort von der Auferstehung nicht vernehmen und möchte - wie schon bei Caesarea Philippi - den Erfolg ohne das Kreuz. Er baut auf die eigene Kraft.

 

Wer könnte leugnen, dass sein Verhalten die ständige Versuchung der Christen, ja, auch der Kirche spiegelt: ohne Kreuz zum Erfolg zu kommen? So muss ihm seine Schwachheit, die dreimalige Verleugnung angekündigt werden. Niemand ist aus Eigenem stark genug, den Weg des Heils bis zum Ende zu gehen. Alle haben gesündigt, alle brauchen die Erbarmung des

Herrn, die Liebe des Gekreuzigten (vgl. Röm 3,23f).

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" Band II, 6. Kapitel "Gethsemani" S. 171,172 Die Auferstehung Jesu aus dem Tod

 

Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt" (1 Kor 15,14f). Mit diesen

Worten stellt der heilige Paulus ganz drastisch heraus, welche Bedeutung der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi für die christliche Botschaft als Ganze hat: Er ist ihre Grundlage. Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, dass Christus von den Toten auferstanden ist.

 

Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über dessen Sein und Sollen zusammenfügen - eine Art von religiöser Weltanschauung -, aber der christliche Glaube ist tot. Dann war Jesus eine religiöse Persönlichkeit, die gescheitert ist; die auch in ihrem Scheitern groß bleibt, uns zum Nachdenken zwingen kann. Aber er bleibt dann im rein Menschlichen, und seine Autorität reicht so weit, wie uns seine Botschaft einsichtig ist.

Er ist kein Maßstab mehr; der Maßstab ist dann nur noch unser eigenes Urteil, das von seinem Erbe auswählt, was uns hilfreich erscheint. Und das bedeutet: Dann sind wir alleingelassen. Unser eigenes Urteil ist die letzte Instanz. Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und die Situation des Menschen verändert. Dann wird er der Maßstab, auf den wir uns verlassen können. Denn dann hat Gott sich wirklich gezeigt.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.], "Jesus von Nazareth" Band II, 9. Kapitel "Die Auferstehung Jesu aus dem Tod" S. 266, 267 Die Auferstehung bei Romano Guardini

 

Sämtliche Evangelien berichten von einem geheimnisvollen Ereignis, das sich am dritten Tage nach Jesu Tod zugetragen hat. Die Berichte haben schon in ihrer Form einen besonderen Charakter: sie brechen immer rasch ab, durchkreuzen einander, enthalten Spannungen und Widersprüche, die nicht ganz aufzulösen sind. Etwas Ungeheures scheint durchzudringen, das die gewöhnlichen Formen des Erfahrens sprengt. (Mt 28) (Lk 24) (Mk 16) (Joh 20) ...

 

Etwas Ungeheures wird hier behauptet: Jesus von Nazareth, der Meister der "kleinen Schar", Jener, in dem viele den Messias gesehen hatten, und der von seinen Feinden zum Tode gebracht worden war, sei wieder zum Leben erstanden. Nicht nur so, wie ein Sokrates vor seinem Tode zu seinen Jüngern gesagt hat, seine Seele werde in einem besseren und größeren Leben weiterleben; nicht nur so, wie ein Mensch untergeht, dann aber sein Bild im Geist der Nachfahren aufleuchtet, ihnen zur Weisung wird und Geschichte bestimmt, sondern leibhaftig.

Dieses zerstörte, im Tode zerbrochene Leben selbst sei wieder erwacht - freilich in einem neuen, verwandelten Zustande.

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald Verlag) Seite 489 f. Vierter Teil: Zeit und Ewigkeit

 

 

 

Das Gebet des Herrn

 

Wenn Menschsein wesentlich Beziehung zu Gott bedeutet, so ist klar, dass dazu das Reden mit Gott und das Hören auf Gott gehört. Deswegen gehört zur Bergpredigt auch eine Lehre vom Gebet; der Herr sagt uns, wie wir beten sollen. ...

 

Dieses eigentliche Gebet, das stille innere Mitsein mit Gott, bedarf der Nahrung, und dazu dient das konkrete Gebet mit Worten oder Vorstellungen oder Gedanken. Je mehr Gott in uns da ist,

desto mehr werden wir in den Gebetsworten wirklich bei ihm sein können. Aber umgekehrt gilt auch, dass das aktive Beten unser Mitsein mit Gott verwirklicht und vertieft. Dieses Beten kann und soll vor allem aus unserem Herzen, aus unseren Nöten, Hoffnungen, Freuden, Erleidnissen,

aus der Beschämung über die Sünde wie aus dem Dank für das Gute aufsteigen und so ganz persönliches Beten sein.

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] ,"Jesus von Nazareth", 5. Kapitel - Das Gebet des Herrn Seite 161-204

 

Kommentar

 

Die Erkenntnis Gottes sehen und hören wir im Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi (eine „Minikatechese

zum Vaterunser-Gebet“) von Manfred Lagler-regall

 

I) Vater unser im Himmel

 

"Wir beginnen mit der Anrede "Vater"..."Nun müssen wir genauer zusehen, um festzustellen, daß das Vatersein Gottes für uns nach der Botschaft Jesu zwei Dimensionen aufweist. Gott ist zunächst unser Vater, insofern er unser Schöpfer ist." Die zweite Dimension besagt, dass Christus in einzigartiger Weise „Bild Gottes“ sei. Die Kirchenväter sagen von da aus, dass Gott, als er den Menschen „nach seinem Bild“ schuf, im Voraus auf Christus hingeblickt und den Menschen nach dem Bild des „neuen Adam“, des maßstäblichen Menschen geschaffen hat. (6) "Wir müssen von Jesus her erst lernen, was "Vater" eigentlich bedeutet. In den Reden Jesu erscheint der Vater als der Quell alles Guten, als der Maßstab des recht ("vollkommen") gewordenen Menschen." (1) Daher können wir es wagen, uns voll Vertrauen dem Vater zu nähern, weil Jesus, unser Erlöser, uns vor das Angesicht des Vaters führt und sein Geist uns zu Kindern Gottes macht. Jesus lehrt uns im „Vater unser“ dem im Himmel (eine Daseinsweise wie das Haus des Vaters, der die Erhabenheit und die Heiligkeit Gottes symbolisiert) thronenden Vater anzurufen, weil der Mensch gewordene Sohn Gottes ihn uns geoffenbart hat, und weil sein Geist ihn uns zu erkennen gibt. Mit dem Gebet des Herrn werden wir uns also bewusst, dass wir im Sohn Kinder des Vaters sind, daher spüren alle Getauften den dringlichen Aufruf mit allen und für alle Menschen zu beten, damit sie den einzigen, wahren Gott erkennen und zur Einheit zusammenfinden. .(siehe Katechismus der kath. Kirche S.206)

 

II) Geheiligt werde dein Name

 

An dieser Stelle wird überraschend sichtbar, worum es im Beten wirklich geht: nicht um dies oder das, sondern daß Gott sich uns schenken will - das ist die Gabe aller Gaben, das "allein Notwendige". Durch den Sohn finden wir den Vater. "Wer mich sieht, sieht den Vater", sagt Jesus im Abendmahlsaal zu Philippus auf dessen Bitte hin: "Zeige uns den Vater" (Joh 14, 8 f.) "Herr, zeige uns den Vater", sagen wir immer wieder zu Jesus, und die Antwort ist immer wieder der Sohn: Durch ihn, nur durch ihn lernen wir den Vater kennen. (4) Den Namen Gottes heiligen ist vor allem ein Lob, das Gott als den Heiligen anerkennt. Gott hat Mose seinen heiligen Namen geoffenbart. Er hat gewollt, dass sein Volk ihm geweiht sei als ein heiliges Volk, in dem er wohnt, und wir mögen mit unserem Gebet Gottes Namen zu heiligen und darum flehen, dass der Name Gottes von jedem Menschen erkannt und gepriesen werde.

 

III) Dein Reich komme

 

Wir, Christen, sind aufgefordert zuerst das Reich (Gottes) und seine Gerechtigkeit zu suchen und wir anerkennen dabei den Primat Gottes. Denn die Kirche bittet um das endgültige Kommen des Reiches Gottes durch die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit, damit wir im Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi den wahren und einzigen Gott sehen, hören und erkennen können. Thomas von Aquin: „Dem Menschen ist es natürlich, durch das Sinnliche zur Erkenntnis zu gelangen.“

 

IV) Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden

 

Es liegt mir daran, diese seine außerordentliche Botschaft auszusprechen: "Gott ist Liebe."...Was immer das persönliche Lebensschicksal sein mag, das der Einzelne hinter sich hat, welche enttäuschende Erlebnisse ihm das Leben auch bereitet hat, an einem darf er nie zweifeln: Im Himmel ist ein guter Vater, der um ihn weiß, und der ihn liebt." (7) Es ist der Wille des Vaters, „dass alle Menschen gerettet werden“ (1 Tim 2,4) Jesus ist gekommen, um den Heilswillen des Vaters vollkommen zu erfüllen.

 

V) Unser tägliches Brot gib uns heute 

 

Alles ist von Gott geschaffen, weder (die platonisch verstandenen) Ideen noch die Materie sind ewig. (5) Die Erkenntnis Gottes sehen und hören wir im Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi, daher bitten wir um die tägliche Nahrung, die alle für ihren Lebensunterhalt brauchen. Außerdem bitten wir um die Gnade, dass durch die Gerechtigkeit und das Teilen der Überfluss der einen den Nöten der anderen abhelfe. „Aber sprich noch ein Wort, so wird meine Seele gesund!“ Da betrifft diese Bitte auch den Hunger nach dem Wort Gottes, den Hunger nach dem in der Eucharistie empfangenen Leib Christi sowie den Hunger nach dem Heiligen Geist.

Lukas spezifiziert das "Gute", das der Vater gibt, indem er sagt:"...wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten." (3) Die hl. Notburga von Eben (von Rattenberg) war Dienstmagd am Hof Graf Heinrich I. auf der Rottenburg bei

Rotholz im Tiroler Unterinntal, und sie lebte im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gab Essensreste, die übrig blieben, an Arme und Kranke. „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ Diesen Absatz des „Vater unser“ hat diese Volksheilige zutiefst wahrgenommen und sie hat sehr verantwortlich gehandelt, darum wurde sie auch von Pius IX. (1862) als Heilige bestätigt. Nur das tägliche Notwendige, was wir für Leib und Seele brauchen, möge uns Menschen, Gott, auch heute im 21. Jahrhundert geben! Hl. Notburga bitt für uns!

 

VI) Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern

 

Die fünfte Vaterunser-Bitte geht davon aus, dass es eine Welt gibt, in der Schuld an der Tagesordnung steht. Wir leben in einer Zeit der Krisen (z.B. Energiekrise, Finanzkrise, Klimakrise, Umweltkrise, usw.) Es ist nicht primär wichtig, wer, als einzelner, Schuld daran hat. Wir, Menschen, alle machen uns mehr oder weniger schuldig untereinander, und wir „verletzen Wahrheit und Liebe und stellen sich so dem Gott entgegen, der die Wahrheit und Liebe ist.“ (S. 191,192 Benedikt XVI. „Jesus von Nazareth“ Band I) Gott ist ein Gott, der in

erster Linie vergibt, und „die Vergebung kann nur in denjenigen eindringen, nur in dem wirksam werden, der selbst ein Vergebender ist.“ (S. 192 Benedikt XVI. „Jesus von Nazareth“ Band I) Denn die Barmherzigkeit dringt nur dann in unser Herz ein, wenn wir vergeben können, auch unseren Feinden. Außerdem hat die Vergebung an der göttlichen Barmherzigkeit teil und ist ein Höhepunkt des christlichen Betens. (siehe Katechismus der katholischen Kirche S.209, 595) "Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Sohne eures Vaters im Himmel werdet; denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute ...."(2)

 

VII) Und führe uns nicht in Versuchung

 

„Danach trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.“ (Mk 1, 12-13) „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ (Mk 14, 38) Diese zwei Stellen aus dem Markusevangelium spannen einen großen Bogen vom Leben Jesu in der Wüste (noch vor seinem Wirken in Galiläa) bis zum Gebet in Gethsemani bevor Jesus gefangen genommen worden ist. Wir bitten Gott Vater, uns nicht allein und in der Gewalt der Versuchung zu lassen. Wir bitten den Geist, dass wir unterscheiden lernen zwischen der Prüfung, die im Guten wachsen lässt, und der Versuchung, die in die Sünde und in den Tod führt. Diese Bitte vereint uns mit Jesus, der die Versuchung durch sein Gebet überwunden hat. Sie erfleht die Gnade der Wachsamkeit und der Beharrlichkeit bis zum Ende. (siehe Katechismus der katholischen Kirche S.209, 596)

 

VIII) Sondern Erlöse uns von dem Bösen

 

Die siebte Bitte und letzte und vierte Wir-bitte nach drei Du-Bitten lässt uns bitten, dass die menschliche Familie von Satan und seinen Werken befreit werde. Auch bitten wir um das kostbare Geschenk des Friedens und um die Gnade des beharrlichen Wartens auf das Kommen Christi, der uns endgültig vom Bösen befreien wird. (siehe Katechismus der katholischen Kirche S.209, 597) Daher erkenne ich durch die besondere Zahlenreihe, die meiner Meinung dem Gebet des Herrn zugrunde liegt, symbolisch die Größe Gottes.

 

IX) Denn dein ist die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit

 

"Die Verbindung von Musik und Religion ist für Glaubende und Nichtglaubende eine Macht, die nach oben weist." ..."Die uns - wie im bewegenden Schlußchor von Beethovens 9. Symphonie - zur Überzeugung führt:"Brüder, überm Sternenzelt muß ein guter Vater wohnen." (9) Denn wie sagt Thomas von Aquin –„Dem Menschen ist es natürlich, durch das Sinnliche zur Erkenntnis zu gelangen.“ Denn auch hier erkennen wir Gott, in Beethovens Musik.

 

X) Amen!

 "Jesus, der uns Menschen das Vaterunser - das schönste Gebet - gelehrt hat, muss darum auch das höchste Wissen von Gott besessen haben." (8) Es möge diesem so geschehen!

(1) Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] "Jesus von Nazareth" Band I,Seite 169 ff.

(2) Matthäus 5, 44 f.

(3) Lukas 11, 13

(4) Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] "Jesus von Nazareth" Seite 170 ff.

Joh 14, 8 f.

(5) Anton Leichtfried, Trinitätstheologie als Geschichtstheologie Seite 78 f.

(6) Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] "Jesus von Nazareth" Seite 171f.

(7) Karol Wojtyla [Johannes Paul II.]/ Ich wünsche euch ein Wachsen herausgegeben von Gudrun Sailer - Styria Verlag Seite 31

(8) Franz Kardinal König/ Gedanken für ein erfülltes Leben hg. von Annemarie Fenzl und Heinz Nußbaumer Seite 37

(9) Franz Kardinal König/ Gedanken für ein erfülltes Leben hg. von Annemarie Fenzl und Heinz Nußbaumer Seite 39

 

Das Herrengebet : das Vater-unser

 

So kommen noch manche Stellen, an denen deutlich wird, wie Jesus vom Willen des Vaters erfüllt ist. Für ihn, den der Vater gesendet hat, ist dieser sendende Wille Inhalt des Daseins; Speise, Gemeinschaft, Werk und Kampf, Freude und Schmerz. Sein ganzes Sinnen und Mühen geht darauf, daß seine Menschenbrüder den heiligen Willen erkennen, vollbringen und in die heilige Sorge um die Erfüllung dieses Willens, an welchem alles hängt, eintreten. Wie die Jünger verlangen, Er möge ihnen zeigen, wie man betet, lehrt Er sie das Vater-unser, von dem man wohl sagen kann, daß sein Herzstück die Bitte sei: "Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden" (Mt 6,10). Um diesen Willen aber muß es ein unsägliches, herzüberströmendes Geheimnis sein. Denn wie die ausgesendeten Jünger zurückkehren und Ihm berichten, was sie getan haben, bricht es übermächtig aus Ihm hervor: "In dieser Stunde

jubelte Er auf im Heiligen Geiste und sprach: "Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil Du dieses vor den Weisen und Verständigen verborgen, und es den Einfältigen geoffenbart hast...Ja, mein Vater, also war es wohlgefällig vor Dir!" (Lk 10,21)

 

Literatur

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 124 Petrusbekenntnis

 

In diesem Sinn gibt es auch heute ganz klar die Meinung der "Leute", die Christus irgendwie kennengelernt, ihn vielleicht sogar wissenschaftlich studiert haben, aber ihm nicht selbst in seinem Eigenen und ganz Anderen begegnet sind. Karl Jaspers hat Jesus neben Sokrates, Buddha und Konfuzius als einen der vier maßgebenden Menschen dargestellt und ihm damit eine grundsätzliche Bedeutung für die Suche nach dem rechten Menschsein zuerkannt, aber Jesus ist doch dabei einer unter anderen in einer gemeinsamen Kategorie, von der aus sie erklärt und auch begrenzt werden können.

 

Gängig ist es heute, Jesus als eine der großen religiösen Gründergestalten der Welt anzusehen, denen eine tiefe Gotteserfahrung geschenkt worden ist. So können sie anderen Menschen, denen diese "religiöse Begabung" versagt ist, von Gott erzählen, sie sozusagen in ihre Gotteserfahrung mit hineinnehmen. ... Aber die "Gotteserfahrung" Jesu, an die man sich auf diese Weise anhängt, bleibt im Letzten doch relativ und zu ergänzen durch die Ausschnitte, die von anderen Großen wahrgenommen worden sind. So bleibt doch zuletzt der Mensch, das einzelne Subjekt, selber das Maß: der Einzelne entscheidet, was er aus den verschiedenen "Erfahrungen" annimmt, was ihm hilft oder ihm fremd ist. Eine letzte Verbindlichkeit gibt es da nicht. Dem Meinen der Leute steht die Er-kenntnis der Jünger gegenüber, die sich im Be-kenntnis ausdrückt. Wie lautet es? Es ist bei jedem der drei Synoptiker anders formuliert und bei Johannes noch einmal anders. Nach Markus sagt Petrus zu Jesus einfach: "Du bist der Messias [der Christus]" (8,29). Nach Lukas nennt Petrus ihn "den Christus [den Gesalbten] Gottes" (9,20) und nach Matthäus sagt er: "Du bist der Christus [der Messias], der Sohn des lebendigen Gottes" (16,16). Bei Johannes schließlich lautet das Petrusbekenntnis: "Du bist der Heilige Gottes" (6,69).

 

Literatur

Joseph Ratzinger [Benedikt XVI.] "Jesus von Nazareth" , 9. Kapitel zwei wichtige Markierungen auf dem Weg Jesu: Petrusbekenntnis

und Verklärung, S. 339, 340

 

Kommentar

 

Da antwortete Simon Petrus und sprach: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Da antwortete Jesus und sprach zu ihm: "Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas, denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel. Und ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich meine Kirche erbauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben." An Joseph Ratzinger erging auch dieser Ruf Jesu Christi, und er folgte als 264. Nachfolger am Stuhl Petrus als Benedikt XVI. der römisch-katholischen Kirche von 2005-2013.

 

Zwischen Zeit und Ewigkeit

 

Eine andere Geschichte, ist die des Petrus. Keiner der Apostel wird in den Berichten der Evangelien so lebendig gezeichnet wie er. Er war wohl nicht, was man eine große Persönlichkeit nennt, wir haben schon einmal davon gesprochen; aber er hatte, was besser ist: eine warme, tiefe Menschlichkeit. Sein Herz war heiß, ehrlich und großmütig. Freilich auch unbesonnen. Immer war er mit der Rede vorn dran, wohl auch manchmal vermessen, und dann hat Jesus ihn beschämt. Er hat aber niemals etwas übelgenommen; gleich war er wieder da, bereit und herzenswarm wie vorher.

 

Literatur 

Romano Guardini, "Der Herr" - Betrachtungen über die Person und das Leben Jesu Christi (18. Auflage 2011 - Mathias Grünewald

Verlag) Seite 507

 

Kommentar

 

Papst Franziskus ist der momentane Nachfolger am Heiligen Stuhl des Petrus in Rom. Er hat meiner Meinung ähnliche Züge, die hier Romano Guardini besonders auf Petrus hin beschreibt. Er beschreibt ihn als "eine warme, tiefe Menschlichkeit", ebenso ist Papst Franziskus eine herzliche, starke, menschliche Persönlichkeit der auf die besondere Barmherzigkeit Gottes in unserem Kirchenjahr (2015/2016) darauf hingewiesen hat, in dem er auf der ganzen Welt einige besondere Kirchenpforten als Heilige Pforten geöffnet hat.   

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